* Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen, bereits vorliegende Ergebnisse sollen
aber schon zugänglich gemacht werden. Der Katalog wird
immer wieder erweitert und überarbeitet; für Rückmeldungen sind wir dankbar.
Das Projekt
Der Katalog samaritanischer Pentateuchhandschriften bietet kodikologische Beschreibungen
von Manuskripten aus dem 12.–15.
Jahrhundert einschließlich der Edition und Übersetzung aller darin enthaltenen Paratexte.
Dem Text des Samaritanischen Pentateuchs ist seit dem 17. Jahrhundert, als Pietro
della Valle die erste Handschrift nach Europa brachte,
viel Aufmerksamkeit in der westlichen Bibelwissenschaft und Orientalistik zuteil geworden,
vor allem hinsichtlich seiner Unterschiede
zum Masoretischen Text. Im Schatten des philologischen Interesses an diesem wichtigen
Zeugnis der hebräischen Fünf Bücher Mose standen
dabei allerdings bisher die materielle Form der Tradierung, wie auch die verschiedenen
zusätzlichen Texte, die sich in den Handschriften
finden.
Der Katalog samaritanischer Pentateuchhandschriften versammelt kodikologische Beschreibungen
der ältesten erhaltenen Manuskripte unter
Berücksichtigung sämtlicher mit ihnen verbundenen Manuskriptvermerke, die über die
paläographischen und materialgebundenen Eigenschaften
hinaus Aufschluß über die Datierung, die Schreibertradition oder aber auch das Schicksal
einer einzelnen Handschrift geben können.
Die Handschriften sind heute über Bibliotheken in der ganzen Welt verstreut und ihre
Metadaten werden hier zum ersten Mal umfassend und
gemeinsam präsentiert. Die Form der Erfassung in einem virtuellen Raum bietet dabei
Möglichkeiten, etwa in bezug auf Handschriftenvergleiche
und Datenaustausch, die über herkömmliche gedruckte Kataloge deutlich hinausgehen.
Das Projekt kann zurückgreifen auf die technischen Entwicklungen und Erfahrungen,
die bereits für die datenbankgestützte Katalogisierung
anderer orientalischer Handschriftenkorpora
unter Anwendung des vom Rechenzentrum der Universität Leipzig erarbeiteten und kontinuierlich
ausgebauten Datenmodells und der Grundstruktur von MyMss gemacht wurden und folgt
im Allgemeinen den dabei zugrundegelegten Standards.
Die Paratexte (Manuskriptvermerke)
In den meisten Fällen enthalten die Handschriften des Samaritanischen Pentateuch über
den Text der Tora hinaus auch verschiedene andere
kurze Texte. Zum Teil stammen diese vom Schreiber des Haupttextes und sind eng mit
diesem verbunden, sogar teilweise in ihn hineingewoben.
Zum Teil handelt es sich aber auch um Zusätze von späterer Hand, die bei einem Besitzerwechsel
oder nach einer Restaurierung auf freie Stellen
im Manuskript geschrieben wurden.
Zu den von den Schreibern selbst verfaßten Paratexten gehören neben Kolophonen auch
kurze Formeln, die das Ende eines Buches markieren und
die Anzahl der darin enthaltenen Abschnitte (qiṣṣəm, Sg. qiṣṣa), Wörter und Buchstaben
angeben. Damit verbunden werden teilweise knapp
gefaßte Anmerkungen zum Gebrauch der samaritanischen Interpunktionszeichen (sedari
maqrata). Die für samaritanische Handschriften
charakteristischste Paratextform ist aber das sogenannte Taschkil (tašqīl, Pl. tašqīləm).
Ein solches Taschkil wird gebildet, indem
einzelne Buchstaben aus dem Fließtext besonders hervorgehoben und zu einem neuen
Text zusammengestellt werden. Dazu wird in der Regel
bei der Linierung der Seite neben den regulären Linien und der Rahmung auch ein „Taschkilbett“
vorgezeichnet, in das die Buchstaben
vom Schreiber so gesetzt werden, daß sie gleichzeitig Bestandteil des Fließ- und auch
des Taschkiltexts werden. Der Großteil der
tašqīləm verläuft in der Mitte der Seite senkrecht von oben nach unten, wobei sich
das Taschkil über bis zu zwanzig Seiten erstrecken
kann; es gibt jedoch auch als Kreis verlaufende tašqīləm. Die Funktion der Taschkiltexte
reicht von der eines Schreiberkolophons im
Falle des Großen oder Kleinen Schreibertaschkils über die Markierung der Mitte der
Tora (Taschkil „Mitte der Tora“ in Lev 7), die
Hervorhebung besonderer Textpassagen wie des Schilfmeerlieds einschließlich seines
Kontexts („Siegestaschkil“ in Ex 14–15), die
Akzentuierung des gesetzgebenden Aspekts des Buches Leviticus („Gesetzestaschkil“
in Lev 27) oder der besonderen Stellung des für die
Samaritaner einzigen Propheten Mose („Glückstaschkil“ in Ex 2) bis zum kreisförmigen
„Schabbattaschkil“ in Ex 31, das die besondere
Bedeutung des in diesem Kapitel der Tora im Fokus stehenden Schabbatgebots augenfällig
macht. Weitere Taschkilformen sind weniger
häufig und bisweilen nur in einzelnen Handschrift belegt.
"Siegestaschkil" - Ms. Dublin, Chester Beatty Library 751, fol. 102v.
"Schabbattaschkil" - Ms. Dublin, Chester Beatty Library 751, fol. 130v.
Anfang des "Großen Schreibertaschkils" - Ms. Dublin, Chester Beatty Library 752, fol.
242r.